Disziplinarbehörden, denen das Verhalten von Beamten im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zur Prüfung vorliegt, beantragen häufig Akteneinsicht in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 30.07.2025 (Az.: 5 ARs 10/24) klargestellt, dass ein solcher Anspruch auf Akteneinsicht nicht auf § 474 Abs. 1 StPO gestützt werden kann.

Weder der Dienstherr, der Dienstvorgesetzte noch der für das Disziplinarverfahren eingesetzte Ermittlungsführer gelten als „andere Justizbehörde“ im Sinne des § 474 Abs. 1 StPO. Die beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren dienen nicht der Strafverfolgung, sondern stellen besondere Verwaltungsverfahren dar, die auf dienstrechtliche Konsequenzen beim Beamten ausgerichtet sind. Daher wird die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht als spezifisch justizmäßige Aufgabe im Sinne der Strafrechtspflege eingestuft.

Die Einsichtsmöglichkeit für Disziplinarbehörden und ihre Ermittlungsführer ergibt sich vielmehr nur unter engen Voraussetzungen aus § 474 Abs. 2 StPO. Hierbei ist insbesondere das Interesse an Vertraulichkeit und der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen umfassend im Rahmen der Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Eine automatische Gleichstellung der Disziplinarbehörde mit einer Justizbehörde findet damit nicht statt.

Praxistipp: Bei Akteneinsichtsgesuchen von Disziplinarbehörden sollte sorgfältig geprüft werden, ob die eng gefassten Voraussetzungen des § 474 Abs. 2 StPO erfüllt sind. Eine Berufung auf § 474 Abs. 1 StPO ist nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung nicht möglich.

Für Fragen zum Straf- und Arbeitsrecht steht Ihnen in unserer Kanzlei Frau RAin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Nadine Kanis zur Verfügung!

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